Ess-Störungen

Fachartikel von Barbara Tröbinger

Ess-Störungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Mädchen und jungen Frauen. Aber auch Jungen und Männer sind immer häufiger betroffen. Ess-Störungen können schwere körperliche Folgen haben: Mangelerscheinungen, Muskelschwund, Knochenschwund, Schädigungen der inneren Organe. Etwa jede Zehnte an Magersucht erkrankte Frau stirbt an den Folgen ihrer Magersucht: durch Infektionen bei körperlicher Unterernährung oder durch Selbstmord.  Je früher eine Ess-Störung erkannt wird und Hilfe mobilisiert wird, umso höher sind die Chancen einer Besserung oder sogar Heilung.

Bei Anorexie versuchen Betroffene abzunehmen: durch Kontrolle des Essens (ständiges Kalorienzählen), durch strenge Diät oder durch völliges Hungern. Auch wenn andere ihnen sagen, dass sie sehr dünn sind, so haben Betroffene dennoch das Gefühl, zu dick sein und sind mit ihrem Körper extrem unzufrieden. Eine Bulimie ist durch Heißhunger-Ess-Attacken gekennzeichnet, die in der Regel bei Stress, Druck und Anspannung eine kurzfristige Entlastung bringen. In der Folge schämen sich Betroffene massiv für den Kontrollverlust. Aus Angst vor einer Gewichtszunahme wird die Nahrung gleich wieder erbrochen. Manche Betroffenen berichten, dass sie durch das Erbrechen die Entlastung erleben. Auch Abführmittel und exzessives Sporttreiben werden bei Ess-Störungen von Betroffenen oft eingesetzt, um das eigene Körpergewicht zu reduzieren.

Ess-Störungen: Häufigkeit

Bei 1,5% der Frauen (1 von 70) und bei 0,5% der Männer (1 von 200) wird eine Ess-Störung diagnostiziert. Unter Jugendlichen finden Ess-Störungen in Gesundheitsstatistiken fast doppelt so häufig: bei 2,5% der Mädchen und bei 0,9% der Jungen wird eine Ess-Störung festgestellt. Da Betroffene ihre Probleme verbergen und sich nur schwer zu einer Behandlung bewegen lassen, bleiben Ess-Störungen oft lange unerkannt. Die tatsächliche Zahl der Betroffenen (die sogenannte "Dunkelziffer") dürfte also deutlich höher liegen: In einer 2007 durchgeführten Befragung des Robert-Kochs-Institut in Deutschland fanden sich bei 30% der Mädchen und bei 15% der Jungen im Alter zwischen 11 und 17 Jahren Hinweise auf eine Ess-Störung.

Oft wechseln sich die Symptome unterschiedlicher Ess-Störungen ab oder eine Ess-Störung geht in die andere über. Was alle Ess-Störungen gemeinsam haben, ist die starke Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, die intensive Beschäftigung mit Essen und Gewicht und die ständige Angst Körpergewicht zuzunehmen oder dick zu werden.

Besonders hoch ist die Rate von Ess-Störungen bei Mädchen und Frauen, die beruflich unter hohem Druck stehen, schlank zu sein und wo Gewichts- und Ernährungskontrolle zum beruflichen Alltag gehören: Modells, Tänzerinnen, Schauspielerinnen und Leistungssportlerinnen. Hier leidet etwa jede Zehnte an einer Ess-Störung.

Ess-Störungen: Komorbiditäten - Depression, Trauma, Angst- und Zwangsstörungen

Ess-Störungen sind oft begleitet von anderen psychischen Erkrankungen: Etwa die Hälfte der Betroffenen erkrankt im Laufe des Lebens zusätzlich an einer depressiven Störung. Zwangsstörungen treten vorallem gepaart mit Magersucht auf, zumindest jede vierte an Magersucht erkrankte Frau leidet zusätzlich an einer Zwangsstörung. Bei Bulimie sind Zwangsstörungen seltener anzutreffen. Allerdings leiden 90% der von Ess-Brech-Sucht Betroffenen zusätzlich zur Ess-Störung auch an erheblichen Angstssymptomen. Aber auch bei Magersucht sind häufig Angstsymptome zu finden. Etwa ein Drittel der an Bulimie erkrankten weist zusätzlich eine Substanzabhängigkeit auf, am häufigsten von Alkohol. Auch die Binge-Eating-Disorder ist neben Depression besonders häufig mit Angststörungen gekoppelt.

Hinter der Symptomatik liegen oft sehr belastene Beziehungsmuster in der Herkunftsfamilie (chronische Traumatisierungen), wo etwa Konflikte nicht ausgetragen werden konnten, wo persönliche Grenzen nicht geachtet wurden oder wo Betroffene als Kind viel Verantwortung für das Wohlbefinden der Eltern oder anderer Familienmitglieder übernommen haben. Auch schwere Verlusterfahrungen (Adoption, Pflegeunterbringunge), sexuelle Übergriffe oder körperliche Gewalterfahrungen sind in der Biografie vieler von Ess-Störungen Betroffener zu finden.

Psychotherapie bei Ess-Störungen

Im Zentrum der Psychotherapie bei Ess-Störungen stehen...

  • die Stärkung des Selbstvertrauens, die Entwicklung eines positiven Selbstbildes
  • das Erleben von Stabilität und innerer Sicherheit zu ermöglichen
  • das (Wieder-)Entdecken der eigenen Ressourcen, der inneren Kraftquellen und der eigenen besonderen Fähigkeiten
  • die Entwicklung einer wohlwollenden, achtungsvollen Kooperationsbeziehung mit dem eigenen Körper
  • die Klärung der äußeren Beziehungen - insbesondere, indem Klient/innen sich erlauben, die eigenen Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen und für die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und den Schutz der eigenen Grenzen die Verantwortung zu übernehmen
  • die Klärung der inneren Beziehungen zu wichtigen vergangenen Bezugspersonen, dort wo Vernachlässigung, Gewalt, Missbrauch, Erniedrigungen oder andere Grenzüberschreitungen passiert sind
  • die Entwicklung von lohnenden Lebenszielen und positiven Zukunftsbildern
  • die Stärkung sozialer Aktivitäten und sinngebender Alltagsaktivitäten
  • die Bewältigung traumatischer Erfahrungen durch traumatherapeutische und hypnotherapeutische Methoden
  • als Therapeutin Klienten Rückhalt zu geben: in der Bewältigung von Konflikten; im Wahrnehmen eigener Bedürfnisse und Interessen; in der Abgrenzung von Forderungen und Erwartungen anderer
  • die Beendigung selbstschädigender Verhaltensmuster
  • die Vermittlung von Techniken zur Entspannung und Stressreduktion
  • die Aktivierung kreativer, lebensfroher und spontaner "innerer Anteile"
  • Bei von Ess-Störungen betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben sich therapeutische Familiengespräche sehr bewährt. Bei Magersucht im Jugendalter ist die Familientherapie nachweislich das wirksamste Therapieverfahren.

Mag. Barbara Tröbinger

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